Die Methoden der Stasi der DDR richteten sich gegen die breite Bevölkerungsmasse und waren nicht selten heimtückisch und aufwändig. Jeder galt als verdächtig; bis zum Beweis seiner Unschuld.
Wo sich früher noch das Gelände des Ministeriums für Staatssicherheit erstreckte, befindet sich heute im Haus eins das Stasimuseum mit der Dauerausstellung „Staatssicherheit in der SED-Diktatur“. Wir, der Grundkurs Geschichte Q4, widmeten uns dort in einer kleinen netten Runde bei Kaffee und Keksen der Geschichte der Stasi – wie sie entstand, welche Methoden sie einsetzte und, dass vielleicht doch mehr Berufsgruppen an der Bewachung der Bevölkerung beteiligt waren, als man vermutet hätte.
Bei einem selbstständigen Museumsrundgang durch die alten Büroräume Erich Mielkes, die ebenfalls als Kulissen im Film „Das Leben der Anderen“ dienten, erschlossen wir uns die Spionagetechniken der Stasi. Von in Autotüren eingebauten Infrarotstrahlern bis hin zu Knöpfen, Lippenstiften und Vogelhäusern als versteckte Kameras – jedes erdenkliche Gerät wurde für die Zwecke der Stasi umfunktioniert. Uniformen, Gesangshefte und Schießübungen machten ersichtlich, dass bereits die Jugend auf den Sozialismus gedrillt wurde. Durch diese Umstände waren viele Menschen unzufrieden in der DDR und so gab es zahlreiche Versuche, sich mit einer Flucht in die BRD ein besseres Leben zu ermöglichen. Dass man diese Menschen, wenn sie gefasst wurden, bestrafte und unter Beobachtung der Stasi stellte, mag wohl logisch erscheinen. Anders begann dagegen die Bespitzelung von Ilona Seeber und Silke Spahr, intern als OV-Zwillinge benannt. Jahrelang spionierte man ihnen hinterher – lediglich wegen der Beantragung eines Ausreiseantrags.
Dabei war es interessant zu erfahren, dass die Überwachungen selbst zwar von der Stasi in Auftrag gegeben, aber von Organen wie der Kriminalpolizei durchgeführt wurden. Der Stasi-Agent, welcher an jeder Hausecke stand, muss somit eher als Marionette am Schreibtisch bezeichnet werden. Viele solcher inoffiziellen Mitarbeiter wurden mit Doppelnamen und gefälschten Ausweisen ausgestattet. Dass diese Decknamen teilweise an mehrere Menschen vergeben und sogar Wohnungen benannt werden konnten, macht das heutige Nachvollziehen der damaligen Bespitzelung besonders schwierig.
Durch geduckte Gänge wurden wir in den Keller gelotst, um den Duft der alten Papierakten zu schnuppern. Die Angst versteckt sich noch immer in den vielen Kilometern Rollschränken, bis oben hin gefüllt mit den typischen roten Akten. Zum Teil liegen sie dort noch nach dem alten Lagerungssystem direkt auf den Regalbrettern aneinandergereiht, doch vor Feuer und Wasser sind die Akten auf diese Weise wohl kaum gut geschützt. Mittlerweile wurde mit der Umlagerung der Akten in schützende Kisten begonnen und auch das Kühlsystem dient ihrer Erhaltung. Als die Stasi aufgelöst wurde, gab es verschiedene Versuche, die Akten zu vernichten, die sich jedoch größtenteils nicht als effektiv erwiesen. So werden auch heute noch in mühseliger Kleinarbeit aus Müllsäcken voller zerrissener Papierstücke die Teile wieder zusammengesetzt, um die Vergangenheit aufarbeiten zu können. Lediglich das Verkollern der Akten, also die Vernichtung mit Wasser, kann nicht rückgängig gemacht werden, sodass wir am Ende die Ehre hatten, selbst jeweils ein kleines Stück Stasi-Akte im Archiv in der Hand zu halten.
Gemeinsam mit der freundlichen Mitarbeiterin des Museums konnten wir so einen umfangreichen Einblick in das gefährliche System der Stasi bekommen und erfuhren einiges über die Methoden, mitwirkenden Behörden und Beamten, was im normalen Unterricht so eindrücklich und realitätsnah nicht vermittelt werden kann.
Ana Lincke