Und die gläsernen Bären in der Sektion “Generation 14 Plus” der 73. Berlinale gehen an:
And me, I’m dancing too
Ein hochaktueller Kurzfilm, der die Unterdrückung von Frauen im Iran unter dem Betrachtungspunkt des Tanzens treffend formuliert – ein schockierendes Bild eines Landes, in dem die Emanzipation noch nicht Halt gemacht hat…
Adolfo
Eine Bushaltestelle. Zwei Jugendliche. Ein Kaktus. Eine Nacht, in der all zu deutlich wird: manche Menschen gehören zusammen und müssen doch getrennte Wege gehen, da der Zeitpunkt nicht stimmt.
KINO. Der Duft von Popcorn. Ein großer Saal mit weichen Sitzen. Vorne, eine Leinwand.
FILME. Bilder, Töne, Farben. Erinnerungen. Geschichten, die zum Leben erweckt werden.
Der moderne Begriff “Kino” beschreibt mehr als einen Ort, an dem Filme gezeigt werden. In gewisser Weise ist Kino zu einem Kultwort geworden. Das klassische Date, ein Treffen unter Freunden – Ereignisse, die sich im Kino abspielen. Und seit die Brüder Lumière am 28. Dezember 1895 in einem Pariser Café die erste Filmvorführung gaben, herrscht ein ständiger Vergleich des Mediums Film und Buch. Die Berechtigung dieser Diskussion mag auf Buchverfilmungen zutreffen, doch der Vergleich zwischen Kino und Literatur wird dem Ganzen nicht gerecht. So wie ein Buch mehr als bedruckte Seiten ist, kann das Kino nicht ausschließlich als Vorführungsort bezeichnet werden. Es bietet Raum für Geschichten, nimmt uns mit auf eine Reise, hinterlässt Eindrücke; ist mittlerweile zum Ort des kulturellen, politischen, religiösen und persönlichen Austausches geworden.
Um diesen Ort, also Kino als Form der Kommunikation und des Austausches zu feiern, gibt es verschiedenste Filmfestspiele. Eines davon gibt es direkt in unserer Stadt: Die BERLINALE! Vom 16. bis 26 Februar 2023 haben Filmemacher aus der ganzen Welt ihre Filme gezeigt, die von Jurys bewertet wurden. Dabei laufen die Filme in verschiedenen Sektionen, wobei der Wettbewerb die wichtigste ist. Bei der Preisverleihung werden Regie, Drehbuch, Schauspieler*innen und szenische Umsetzung dann mit den silbernen Bären ausgezeichnet; nur einer geht mit dem goldenen Bären nach Hause. Für unsere Schulgemeinschaft ist die Sektion “Generation” wohl die spannendste. Sie unterteilt sich in K-Plus und 14-Plus und zeigt Filme, in denen das Heranwachsen ein wiederkehrendes Motiv ist. Als ehemaliges Mitglied der Kinder- und Jugendjury habe ich die Woche über acht Langfilme und zehn Kurzfilme gesehen; Filme, aus verschiedenen Ländern, verschiedenen Perspektiven, mit unterschiedlichen Formaten, Längen und vielfältigen Themen.
Mimi / She-Hero
Romys Wellensittich Mimi ist ihr ausgebüchst. Also begibt sie sich im Wald auf die Suche nach ihm und begegnet dabei allerlei skurrilen Menschen: einem Baumeister, einer dementen Frau und einem gefährlichen Hund. Der Film zeigt, wie viel in einem Wald passieren kann und, dass uns die Suche selbst meistens mehr hilft, als das wirkliche Finden. Dies wird auf charmante Weise aus der Perspektive eines siebenjährigen Mädchens erzählt.
Míng tian bi zuo tian chang jiu / Tomorrow is a long time
Mengs Vater ist Schädlingsbekämpfer und leidet unter der anstrengenden Arbeit. Als Meng durch sein Umfeld in Gewaltsituationen gerät, muss er ins Militär eintreten. Während eines Einsatzes im Dschungel versucht er herauszufinden, wer er ist und was er will.
Ein wortkarger Film, mit schönen Totalaufnahmen, der durch einige Längen und eine zweigliedrige Handlung nur mittelmäßig zu bewerten ist.
Wann wird es Endlich wieder so, wie es nie war
Der Eröffnungsfilm in Generationn 14 Plus, der auf den Büchern von Joachim Meyerhoff basiert, überzeugte mit einer Mischung aus klugem Wortwitz und tieftraurigen Szenen.
Wir begleiten Joachim, kurz Josse, der mit seiner Familie auf dem Gelände einer psychiatrischen Anstalt aufwächst, deren Leiter sein Vater ist beim Älterwerden. Einer der wenigen Filme, bei dem jeder neue Schauspieler eine Freude ist!
Kurzfilme 1
Huo jian fa she shi | Mise à nu | To Write From Memory | Madden | Hito
Fünf verschieden Kurzfilme, die nicht wirklich überzeugten. Ein Mädchen, dessen Handy ins Wasser fällt, die Erfahrung von Intimität beim Wrestling, ein Tagebuch eines Transmannes, dessen Mutter die Transition ihrer einstigen Tochter zu unterbinden versucht; Maddy, die den Konventionen des bäuerlichen Lebens zum Trotz Highheels anzieht und eine abgefahrene Dystopie, die einen Eindruck hinterlässt. Kurzfilme sind immer ein Überraschungspaket.
Kurzfilme 2
Ma mère et moi | Crushed | Simo | Yi shi yi ke | Antes de Madrid
Kes und ihre Mutter haben eine letzte gemeinsame Autofahrt, bevor sich ihre Wege trennen; auf einem Bildschirm tauchen Bildfetzen auf – Was ist ein Crush und wie gehe ich damit um? Als Amerikaner mit arabischem Hintergrund muss Simo mit Vater und Bruder erfahren, dass Vorurteile noch heute bestehen; Was sind Erinnerungen und wie beeinflussen sie uns? Bevor Michaela nach Madrid zieht, möchte sie mit ihrem Freund ihr erstes Mal haben – doch manchmal geht einfach alles schief. Wesentlich besser als Kurzfilme 1, hat mich das zweite Kurzfilmprogramm überzeugt!
Ein paar Fakten zur Berlinale:
- Es gibt kein Popcorn. Hier zählt nur der Film. Und der ist meist Erlebnis genug!
- Nur im Berlinale-Palast gibt es feste Sitzplätze. Also immer früh genug da sein!
- Ein Film darf auch mal schlecht sein, das gehört vollkommen dazu!
- Es ist eine Ehre, denn die meisten Filme sind Weltpremieren!
- In der Sektion Generation gibt es nach der Vorführung der Filme, wenn Regisseur und Team anwesend sind, ein Q&A; dort können noch offene Fragen gestellt und Anmerkungen gegeben werden
- Jeder Film wird mit dem offiziellen Berlinale-Trailer eröffnet
- Die Filme sind in Originalsprache mit Untertiteln. Kinderfilme werden deutsch eingesprochen.
Luise Dahns, Q4
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